Sichtverhältnisse:
Im Sommer 2001 fand bei Finokalia im Osten Kretas in einer ruralen
Region die MINOS ( = Mediterranean INtensive Oxidant Study) Messkampagne
statt. Die Messtation befand sich 150 m über dem Meeresniveau
und das Bild Trüb.jpg zeigt den Blick nach Norden. Unter
der Messstation direkt auf Meereshöhe sieht der Blick aus
wie in Klar.jpg. Man kann den Horizont als scharfe Linie erkennen
und es ist keinerlei Trübung der Atmosphäre erkennbar.
Aber 150 m höher bei der Messstation ist der Horizont fast
vollkommen unsichtbar und eine auffallende Trübung dominiert
die Aussicht. Rein geometrisch wäre in 3 m Höhe über
dem Meer eine horizont-begrenzte Sichtweite von ca. 6 km möglich,
an der Messstation könnten es 40 km sein. Etwa 12 km vor
dem Telefonmast liegt eine Insel, die aber auch nicht sichtbar
ist, so dass die aktuelle Sichtweite an der Messstation unter
12 km liegt.
Aerosolmessungen:
Ein Blick auf die Messinstrumente zeigt Anfang August eine Gesamtpartikel-konzentration
von 4000 bis 6000 Partikel pro Kubikzentimeter für Partikel
mit Grössendurchmessern oberhalb von 3 nm. Dies sind für
eine rurale Gegend ausserordentlich hohe Werte. Daher kann man
vermuten, dass die Aerosolpartikel die beobachtete Trübung
erzeugen. Die ebenfalls mitmessenden optischen Partikelzähler
liefern Größenverteilungen für Partikel oberhalb
von 0.1 µm Durchmesser, wie aus Bild dNdlogD.jpg ersichtlich
ist. Leider kann man aus diesem Bild nicht erschliessen, welche
Grössenverteilung im Bereich zwischen 3 nm und 0.1 nm vorliegt,
da der Kondensations-kernzähler UCPC nur die Partikelanzahldichte,
nicht aber die Größen liefern kann.
|
Berechnungen der Sichtweite:
Unter Verwendung von Extinktionsquerschnitten aus der Mie Theorie
und der Sichtweitengleichung von Koschmieder kann man aber ausrechnen,
dass die Partikel zwischen 3 nm und 100 nm Grössen um 50
nm gehabt haben müssen. Denn wenn man die gemessene Grössenverteilung
oberhalb 100 nm (im wesentlichen Seesalzaerosol) in Extinktionen
umrechnet, kommen zusammen mit der partikelfreien Rayleigh-Atmosphäre
nur dann Sichtweiten unter 12 km heraus, wenn angenommen wird,
dass die Partikel zwischen 3 nm und 100 nm um 50 nm gross waren.
Alle anderen Annahmen bezüglich dieser Partikelpopulation
zwischen 3 nm und 100 nm führen zu erheblich höheren
möglichen Sichtweiten.
Chemische Analysen:
Die Zusammensetzung dieser Aerosolpartikel zeigen, dass sie zum
erheblichen Anteil aus Sulfat bestehen. Meteorologische Analysen
der Luftmassentrajektorien zeigen, dass die Luft in dieser Zeit
aus den im Norden liegenden Industrieregionen des Schwarzen Meeres
stammte. Die dortigen Schwefeldioxidemissionen wurden als auf
dem Weg nach Kreta photochemisch umgewandelt und zu Schwefelsäure
oxidiert. Die H2SO4 wird dann auf Grund
ihres niedrigen Dampfdrucks durch "Gas-to-particle-conversion"
in kleine Tröpfchen überführt. Die Tatsache, dass
die gemessenen Partikel so klein sind zeigt auch, dass diese Nukleation
nicht lange in der Vergangenheit stattfand.
|
Fazit:
Obwohl man am Meer stehend einen klaren, scharfen Horizont sehen
kann, ist die Luft im Osten Kretas im August 2001 doch stark getrübt
worden durch auf anthropogene Gasemissionen zurückzuführendes
Aerosol. Dabei wurden die Gase aus einer entfernten Industrieregion
herantransportiert. Diese kleinen Aerosolpartikel begrenzen die
Sichtweite in 150 m Höhe über dem Meer auf unter 12
km, obwohl dort 40 km geometrisch möglich wären und
der Horizont dann auch als scharfe Trennlinie zwischen Meer und
Atmosphäre zu erkennen sein müsste.
Klar.jpg und Trüb.jpg: S. Borrmann, Kreta, MINOS Messkampagne,
August 2001
dNdlogD.jpg und UCPCRecord.jpg:
J. Schneider, MINOS Datenauswertung, 2003
|