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Seasalzaerosol
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Seesalzaerosol


Mechanismen: Brechende Wellen und Gischt auf den Ozeanen führen durch einen Dispergierungsprozess (der "bulk to particle conversion") zur Freisetzung kleiner und kleinster Tröpfchen ("Sea spray") in der Luft. Wesentliche Anteile davon werden durch die Turbulenz der marinen Grenzschicht nach oben transportiert und können teilweise trocknen. Dadurch entstehen die Aerosolpartikel, die zusammenfassend als "Seesalzaerosol" bezeichnet werden.

Es gibt hierbei drei verschiedene Erzeugungsprozesse:

1. die Freisetzung von sogenannten "spume drops",
2. das Entstehen von "Jet drops" in platzenden Blasen und von
3. "Film droplets" aus den Oberflächenfilmen platzender Blasen.

Die "Spume drops" werden dadurch erzeugt, dass der Wind von den Wellenkämmen Flüssigkeit abreißt, die dann in größere Tropfen zerfällt. Da diese Tropfen Größendurchmesser oberhalb von 10 µm haben, fallen sie in Sekunden bis Minuten wieder ins Wasser zurück. Wenn Luftblasen der schäumenden Meeresoberfläche aufplatzen, emittieren diese von ihrem Boden aus in einem aufsteigenden, zentralen Jet zwischen 1 und 10 kleine Tropfen, die "Jet drops". Der zentrale Jet wird durch die Oberflächen-spannung der Blasen erzeugt, denn deren Oberflächenenergie wird in kinetische Energie umgesetzt. Die Jet drops führen beim Abtrocknen zu Seesalzpartikeln im Mikrometerbereich. Schon Windgeschwindigkeiten oberhalb von 3 m/s genügen, um diesen Prozess auszulösen. Bei 8 m/s ist etwa 1% der Meeresoberfläche mit weissem Schaum ("white caps"), der Seesalzpartikel produziert, bedeckt. Die kleinsten Blasen haben Durchmesser um 100 µm, denn noch kleinere Blasen aus Luft würden sich im Wasser lösen. Die größten "Jet drop" erzeugenden Blasen können mehrere mm Durchmesser haben. (Je größer die Blasen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie beim Aufsteigen im Wasser zu kleineren Blasen zerbrechen.) Die entstehenden Jet drops erreichen Größen bis zu etwa 10% der Blasendurchmesser und werden bis zu 15 cm in die Luft geschleudert. Beim Zerplatzen der Blasen reisst aber auch ihr Oberflächenfilm in "kleine Stückchen" auf, die dann bis zu mehreren hundert Tröpfchen, den "Film drops", im Mikrometer- bis Submikrometerbereich werden.

Den Dunst, der aufgrund der verschiedenen Seesalzpartikel erzeugenden Vorgänge entsteht, kann man in den Gegenlichtaufnahmen - also einer optischen Vorwärtsstreuungs-anordnung - der Bilder Seaspray1.jpg bis Seaspray4.jpg deutlich sehen. An diesem Tag herrschten an der Küste Windgeschwindigkeiten von über
50 km/h. Bei Seaspray3.jpg war eine kurze Phase relativer Windstille abgewartet worden, bei der die Seesalzaerosolproduktion offensichtlich sehr klein war.

Chemische Zusammensetzung: Ursprünglich bestehen die "Sea spray drops" zu 96.8 Massenprozent aus Wasser und zu 3.2 % aus Seesalz (hauptsächlich NaCl). Die freigesetzten Tropfen verdampfen in der feuchten Meeresluft einen Anteil ihres Wassers und schrumpfen dabei um 50% - 70% ihres Anfangsdurchmessers in Abhängigkeit von der vorherrschenden relativen Luftfeuchte. Sie dampfen aber nicht ihr gesamtes Wasser ab wegen der hohen Hygroskopizität der in ihnen enthaltenen Salze, sondern erreichen eine Endgröße, die ein Gleichgewicht zwischen Salzkonzentration im Tropfen und der relativen Luftfeuchte darstellt. Daher sind die wenigsten der Seesalzpartikel echte kristalline Salzteilchen, sondern vielmehr konzentrierte Lösungströpfchen. Bei Emission der "Sea spray- Tropfen" haben sie ein Chlor zu Natrium Verhältnis von 1.8 zu 1. Das Verhältnis sinkt, wenn das Chlor durch Ansäuerung aus den Tropfen herausgetrieben wird. Zum Beispiel, wenn Schwefelsäure oder Salpetersäure aus der Gasphase (g) in den Tropfen (fl) aufgenommen werden, wird das Chlor gezwungen, ihn als
HCl (g) Dampf zu verlassen:

H2SO4 (g) + 2 NaCl (l) -> Na2SO4 (l) + 2 HCl (g)

Dieser Prozess wird als "Sea spray acidification" bezeichnet.

Globale Bedeutung: Neben dem mineralischen Staub, der über den Wüsten freigesetzt wird, stellen die Meere die größte Quelle für natürliches Aerosol in der Atmosphäre dar. Zwischen 10 m und 1000 m über der Meeresoberfläche ist die Seesalzpartikelanzahldichte im Vertikalprofil konstant mit Werten zwischen 1 und 100 Partikeln pro cm³ Luft in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit an der Meeresoberfläche. Oberhalb der marinen atmosphärischen Grenzschicht nimmt Anzahldichte der Partikel schnell ab. Abschätzungen der Produktionsraten von Aerosolpartikeln aus natürlichen und anthropogenen Direktemissionen unterliegen naturgegebenermassen großen Unsicherheiten. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird angenommen, dass die globale Produktionsrate von natürlichem Seesalzaerosol bei 1300 Teragramm pro Jahr (Tg/yr) liegt, während die Werte für Mineralstaub aus den Wüsten 1500 Tg/yr annehmen. Vulkane tragen zwischen 33 und 117 Tg/yr bei (s. Warneck, 2000). Die gesamte anthropogene Produktionsrate wurde zu 400 Tg/yr geschätzt (s. Warneck, 2000). Jüngere Daten deuten aber darauf hin, dass die anthropogene Freisetzung von Aerosol sogar über 50 % der gobalen Emissionen beträgt. Über den USA gingen 1997 immerhin 67% bis 71% des Aerosols auf anthropogene Quellen, wie Aufwirbelungen durch Strassenbau, Landwirtschaft und Verkehr, sowie Industrieemissionen, Biomassenverbrennungen, Verbrennungen fossiler Brennstoffe etc., zurück (s. Jacobsen, 2002). Die gesamte globale Produktionsrate an Aerosolen wir zu 3500 Tg/yr geschätzt. Dabei sind die Direktemissionen aus natürlichen Quellen wesentlich größer, als sekundäre Partikelemissionen.

 

Seaspray1-4.jpg: S. Borrmann, Strand von Loquillo, Puerto Rico, 18. Dezember 2004, 13:49 Uhr